Manchmal fühle ich mich im Häfler Gemeinderat oder dessen Ausschüssen zumindest ins vorige Jahrhundert zurückversetzt. So wie z.B. heute, als es um den Tätigkeitsbericht der Gleichstellungsbeauftragten ging. Der Bericht stand zur Kenntnisnahme ausschließlich auf der Tagesordnung des Kultur- und Szialauschusses (KSA). Ein bisschen wenig, so die Meinung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, geht es doch bei der Stelle um die Erfüllung des Chancengleichheitsgesetzes und damit auch um die Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten, Frauen vermehrt in Führungspositionen zu bringen. Das Thema Personal ist in Friedrichshafen dem Finanz- und Verwaltungsausschuss (FVA) und dem Gemeinderat zugeordnet.
Das neue Chancengleichheitsgesetz soll helfen, Frauen und Männer im öffentlichen Dienst tatsächlich gleichzustellen und insbesondere mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen.
Die Mehrheit der Gemeinderäte hatte nun aufgrund der ausschließlichen Berichterstattung im KSA keine Gelegenheit, den Bericht aus erster Hand zu hören. Das erschien uns allerdings für die künftige Vorgehensweise bei der Neubesetzung von Führungspositionen in der Verwaltung als durchaus relevant.
Bitte zur Behandlung im Gemeinderat
Am 08.03.2019 richteten wir deshalb die Bitte an die Verwaltung, den Tätigkeitsbericht auch im Gemeinderat vorzustellen. Eine Antwort erhielten wir nicht, weshalb wir heute im KSA den Antrag auf Berichterstattung im Gemeinderat stellten.
Das hätten Sie früher sagen müssen.
„Das hätten Sie früher sagen müssen, dann hätten wir den Bericht im Gemeinderat abgeben können, nun haben Sie ihn ja bereits im KSA gehört.“ entgegnete der zuständige Dezernent Dieter Stauber. Die Bitte der Fraktion wäre bei der Verwaltung natürlich angekommen, allerdings sei sie nur einem Antrag zur Antwort verpflichtet. Einer Bitte nicht.
Seitens der FDP gab es im Folgenden einen unserer Ansicht nach guten Kompromissvorschlag, dem wir uns angeschlossen hatten: Nicht der aktuelle, aber alle weiteren jährlichen Tätigkeitsberichte der Gleichstellungsbeauftragten sollten künftig im Gemeinderat abgegeben werden. Dazu äußerte sich ein männliches Mitglied der CDU-Fraktion folgendermaßen:
Im Sinne der Sitzungsökonomie können wir dem nicht zustimmen.
Und, so ergänzte er sein Statement, der KSA würde sich überflüssig machen, wenn er alle Themen an den Gemeinderat abgäbe. Das sahen wir anders: Zum einen ging und geht es nicht um „alle Themen“, zum anderen war der Bericht nur zur Kenntnisnahme und nicht zur Beschlussfassung. Letztlich schlossen sich die Freien Wähler sich der Haltung der CDU an und so unterlagen wir in der folgenden Abstimmung mit unserem Antrag mit 5 zu 8 Stimme bei einer Enthaltung,
Fazit: Augen auf bei der Kommunalwahl
Die Gleichstellungspolitik ist derzeit immer noch im Wesentlichen Frauenpolitik, denn Frauen sind politisch und beruflich immer noch in weiten Teilen schlechter gestellt. So sind Frauen kaum in Führungspositionen in der Häfler Verwaltung vertreten und auch im Gemeinderat ist das Ziel, die Hälfte der Mandate mit Frauen zu besetzen nicht zum Greifen nah. Es wäre also durchaus ein Zeichen des guten Willens gewesen, wenigstens den Gleichstellungsbericht im Gemeinderat zu behandeln und ihm so den Stellenwert zu geben, den das Thema verdient. Aber genau das war von CDU und Freien Wählern nicht gewollt und genau das sollte den Wählerinnen und Wählern bei der Kommunalwahl am 26.05.2019 zu denken geben, wenn sie ihre Stimmen auf den Wahllisten verteilen.