Die baden-württembergische Landes-SPD sammelt derzeit Unterschriften für ein Volksbegehren zur Gebührenfreiheit von Kitas. Das Land Baden-Württemberg soll – ebenso wie z.B. bereits Niedersachsen, Berlin oder NRW – entsprechende Zahlungen an die Kommunen leisten, die aufgrund dessen die Elternbeiträge (etwa 20 % der Gesamtfinanzierung) für den Betrieb ihrer Kitas nicht mehr benötigen, so die SPD.
Manche Kommunen in BW haben die Gebührenfreiheit für ihre Kitas bereits als Freiwilligkeitsleistung umgesetzt. Daneben existieren in vielen Kommunen noch Gebühren, deren Höhe von den Gemeinden festgelegt werden und z.B. einkommensabhängig gestaffelt sind oder aber auch, wie in Friedrichshafen, je nach Anzahl der Kinder in einer Familie und der Anzahl der Kinder, die gleichzeitig eine Kita besuchen, ermäßigt werden.
Wie hoch die Elternbeiträge für die Kita sind, hängt heute also davon ab, wie reich eine Gemeinde ist (und ob sie die Kita-Eltern zu 100 % von ihrem Reichtum profitieren lassen will).
Gute Bildung von Anfang an.
So weit, so schlecht. Kinder sollten überall in Baden-Württemberg die gleichen Bildungs-Voraussetzungen haben. Die finanzielle Situation der Kommune, in die ein Kind mehr oder weniger zufällig hineingeboren wird, darf dabei keine Rolle spielen. Gute Bildung von Anfang an bedeutet, dass die Bildungsangebote, der Personalschlüssel, die Räumlichkeiten und deren Ausstattung vergleichbar sein müssen.
Gleichberechtigung oder Gerechtigkeit?
Gerechtigkeit und Gleichberechtigung sind unterschiedliche Dinge: Die von der SPD geforderte Gebührenfreiheit führt zu Gleichberechtigung: Alle Eltern zahlen einkommensunabhängig keine Beiträge mehr. Eltern mit keinem oder nur geringem Einkommen erfahren keinerlei Verbesserung zum heute geltenden Standard. Eltern mit mittlerem Einkommen werden entlastet. Eltern mit hohen Einkommen haben am Ende des Monats noch etwas mehr Geld auf ihren Konten. Was sonst noch passiert: Kommunen werden finanziell geschwächt, denn diese müssen jetzt alle Kosten, die durch die erhöhten Landesgelder nicht gedeckt werden, selber tragen. Besonders für arme Kommunen bedeutet das den Supergau, zumal gar nicht festgelegt ist, wie lange die Landesgelder fließen werden. Es ist zu befürchten, dass dabei die Qualität der Kitas auf der Strecke bleibt und es darum weiterhin einen Unterschied macht, in welcher Gemeinde ein Kind die Kita besucht.
Gerecht wäre es, wenn alle Eltern Beiträge zahlen, die in einer angemessenen Relation zu ihrem Einkommen stehen und das Land die Kommunen im Bemühen um eine hohe pädagogische Qualität in den Kitas finanziell weitreichender unterstützt.
Bildung ist Ländersache, von Anfang an
Gleichberechtigt? Gerecht? Großartig! – wäre es, sowohl Eltern als auch Kommunen zu entlasten und die Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder herzustellen. Dazu müsste die Politik Gesetze so ändern, dass die frühkindliche Bildung der schulischen gleichgestellt wäre, in dem sie ebenfalls zur Gänze beim Land angesiedelt wird. Damit schlüge man mehrere Fliegen mit einer Klappe: Gebührenfreiheit für Eltern, Entlastung der Kommunen, Bildungsgerechtigkeit in ganz Baden-Württemberg, verpflichtende Bildungspläne sowie hohe pädagogische Standards. Wenn die Politik ihren Vorstoß ernst meint, dann müsste das doch die eigentliche politische Forderung für ein Volksbegehren sein, oder?
Mein persönliches Fazit
Ich bin für eine gerechte Gebührenfreiheit in Kindertageseinrichtungen. Gerecht für Eltern und Kommunen. Damit das gelingt, muss das Land seiner Verantwortung für gute Bildung von Anfang an gerecht werden und die Kitas den Schulen gleichstellen. Nur so ist gewährleistet, dass die monetären Leistungen auch politische Wechsel überdauern und die Kommunen nicht irgendwann in der misslichen Lage sind, den Eltern erklären zu müssen, dass sie die Elternbeiträge aufgrund leerer Kassen wieder einführen müssen.
Gerechtigkeit bedeutet für mich auch landesweit einheitliche Qualitäts- und Bildungsstandards und einen verpflichtenden Bildungsplan in Kindertagesstätten. Und last but not least bin ich für eine gerechte Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern, die es ebenfalls verdienen würde, dass sie der Bezahlung der Kolleginnen und Kollegen an Grundschulen angeglichen wird.