Die SPD-Mitglieder nehmen die Demokratie ernst. Denn zur Demokratie gehört der Streit, die Kontroverse.
Kommentar Berliner Zeitung, 25.01.2018, „SPD nimmt Debattenkultur noch ernst“
Manchmal schlage ich morgens die Zeitung auf und stürze sodann in eine tiefe Identitätskrise. Bin ich SPD oder bin ich nicht SPD? Denn manchmal habe ich (nach gründlichem Nachdenken) eine ganz andere Haltung zu den Dingen als in den örtlichen Medien propagiert wird oder – und das trifft hier zu – aufgrund mangelnder Informationen noch gar keine. Gleichzeitig bedaure ich dann, dass das Lob, das im oben stehenden Zitat steckt, nicht auf die ganze SPD zutrifft.
Aktueller Sachstand
Der Sachstand beim Uferpark stellt sich derzeit kurz zusammengefasst so dar: Es gibt zwei Siegerentwürfe, die von einem Preisgericht gekürt wurden, das aus auswärtigen Experten, Mitgliedern der Verwaltung sowie GemeinderätInnen bestand. Experten und Verwaltung waren stimmberechtigt, GemeinderätInnen nicht. Das ist soweit nicht ungewöhnlich, sondern gängige Praxis. Die Entwürfe sagen etwas über die Park und Ufergestaltung aus (Sitzstufen, Neuordnung des Parks unter Berücksichtigung der Nutzung unter anderem am Seehasenfest) als auch zur Gestaltung des Übergangs von der Friedrichstraße in den Park (Stadtbalkon mit integrierter Gastronomie). Keiner der beiden Entwürfe sagt irgendetwas über den Lammgarten. Erhalt an Ort und Stelle, Neubau am jetzigen Ort, Neubau an anderer Stelle, … . Alles ist offen. Und das ist auch gut so!
Auch der Technische Ausschuss, der über den Uferpark in der vergangenen Woche nichtöffentlich vorberaten hatte, war der Meinung, dass die Informationslage für eine Beschlussfassung noch nicht ausreichend ist und hat deshalb einen öffentlichen Sachstandsbericht in der nächsten Gemeinderatssitzung, 23.07.2018 und weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Meinungsfindung innerhalb des Gremiums gefordert. Die Verwaltung hat dies aufgegriffen.
Mitglieder der SPD sind unterschiedlicher Meinung
Die gemeinsame Pressemitteilung der SPD-Fraktion und des SPD-Ortsvereinsvorstandes suggeriert eine einheitliche Haltung der Häfler SPD und ihrer Mitglieder zur Neugestaltung des Uferparks und hier insbesondere zum Erhalt des Lammgartens. Korrekt wäre es jedoch zu sagen: Die Pressemitteilung gibt die mehrheitliche Haltung der Fraktionsmitglieder wieder sowie die Meinung einzelner Vorstände, die sich in der Kürze der Zeit dazu rückgemeldet haben. Was die SPD-Mitglieder zur Uferparkplanung und zum Erhalt des Lammgartens sagen, denken und meinen, weiß derzeit niemand, weil niemand sie gefragt hat, bzw. weil das Thema bislang noch gar nicht diskutiert wurde.
Sicherlich gibt es Mitglieder, die sich in der Pressemitteilung wiederfinden. Andere sind evtl. für den Erhalt des Lammgartens, jedoch nicht für den Stadtbalkon mit seinen 100 Stelen. Wieder andere können sich eine sinnvolle Verlegung des Lammgartens vorstellen, wenn damit ein neues Konzept zur vollen Geltung kommt und sehen vielleicht auch den Stadtbalkon als Bereicherung an. Die Möglichkeiten für Meinungen sind hier so vielfältig und unterschiedlich, dass es „die SPD-Meinung“ derzeit gar nicht geben kann.
Meine Meinung unter Berücksichtigung des aktuellen Sachstands
Ich verstehe alle, die den Lammgarten lieben und ihn genauso erhalten möchten, wie er derzeit ist – inklusive des angrenzenden Spielplatzes. Gleichzeitig plädiere ich dafür, doch erst mal abzuwarten, welche Vorschläge uns zur Gastronomie in diesem Teil des Uferparks unterbreitet werden. Wer weiß, vielleicht ist da etwas dabei, dass sich heute niemand von uns vorstellen kann und das dann der Knaller schlechthin wird! Wäre doch schade, wenn wir uns jetzt und heute ohne Not in der Freiheit, Ideen zu entwickeln, einschränken würden. Und wenn dann dabei rauskommt, dass der Lammgarten immer noch die beste Idee ist, dann spricht nichts dagegen, diese auch beizubehalten.
Was den Stadtbalkon angeht, bin ich deutlich negativer gestimmt. Einen 120 m langen Riegel mit 100 Stelen zwischen Bahnhof und See zu schieben halte ich aus mehreren Gründen für nicht sinnvoll. Zum einen verstellt das Ding den Blick auf See und Berge, zum anderen werden sich Hunde und manche Zeitgenossen über die attraktiven Pinkel- und Markierungsstelen zu freuen wissen. Ob sich damit die Aufenthaltsqualität steigern lässt – ich bin mir nicht sicher …
Ich freue mich auf mehr Informationen, auf einen regen Austausch und auf kontroverse Diskussionen. Einen Uferpark gestaltet man nur alle 100 Jahre um, wir haben jetzt die Chance, diesen Prozess zu begleiten und mitzugestalten. Die sollten wir nutzen und uns nicht leichtfertig vorab auf irgendwelche Positionen festlegen, die wir dann im Laufe des Prozesses aus „Gründen der Glaubwürdigkeit“ nicht mehr verlassen können.