SPD-Anträge und Forderungen
- 30% Quote für den geförderten Wohnungsbau
- 30 Jahre Belegungsbindung
- keine Geldzahlungen statt Erfüllung der Quote
- Einführung eines Zweckentfremdungsverbots in Friedrichshafen
- Möglichkeit zur Meldung von eventuellen Leerständen
- Fortschreibung des Flächennutzungsplanes (FNP) und städtebaulich sinnvoller Flächentausch
- Vorstellung des Vermietungs-Service-Programms der Vorarlberger gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. Dornbirn (VoGeWoSi)
Mit diesen sieben Anträgen und weitergehenden Forderungen zum Thema Wohnungsbau sind wir in den Ring der gestrigen Marathon-Sitzung des Gemeinderats gestiegen. Sie dienen in ihrer Gesamtheit, so unsere Überzeugung, der Verbesserung der Wohnungssituation in Friedrichshafen. Und zwar für alle Menschen, für alle Einkommen.
Die Intention der SPD
Viele kleine Maßnahmen führen letztlich auch zum Ziel, Wohnraum für eine breite Bevölkerungsschicht im Einklang mit ökologischen und sozialen Überlegungen, zu schaffen.
Unsere Anträge sind deshalb als ein Baukasten-System zu verstehen, bei dem sich eine Maßnahme unterstützend auf die andere auswirkt. Das bedeutet, dass sich die volle Wirkung unseres Maßnahmenpakets nur dann entwickeln kann, wenn auch alle Maßnahmen vorhanden sind.
Quote, keine Freikauf-Variante und Zweckentfremdungsverbot gehören zusammen
Die Quote
In unserem Antrag fordern wir eine Quote für öffentlich geförderten Wohnungsbau von 30%. Diese Quote bezieht sich ausschließlich auf zusätzlich geschaffenen Wohnraum für den der Investor zusätzliches Baurecht von der Stadt erteilt bekommen hat. Der Investor plant also zunächst ein Mehrfamilienhaus auf einem schönen Grundstück in einem schönen Stadtteil von Friedrichshafen. Hier würde jeder gern wohnen, das geht natürlich nicht. Aber damit möglichst viele dort wohnen können erlaubt die Stadt dem Investor, dass er aufgrund des Wohnungsmangels auf dem Grundstück anstatt den eigentlich nur erlaubten vier Stockwerken eben fünf Stockwerke bauen darf. Jedes Stockwerk hat 400qm Grundfläche. Die Quote gilt nun nur für diese zusätzlichen 400qm. Also 25% (ich rechne das Beispiel hier mal mit der vom Gemeinderat tatsächlich beschlossenen Quote durch) von 400qm = 100qm geförderter Wohnraum = evtl. zwei 2‑Zimmer-Wohnungen. Die restlichen „gewonnenen“ 300qm kann der Investor zu seinen Bedingungen dem freien Wohnungsmarkt zur Verfügung stellen.
Variante „Freikauf“
Entgegen dem Vorschlag der Verwaltung hat sich die SPD gegen die Möglichkeit ausgesprochen, dass Investoren sich von der Quote für öffentlich geförderten Wohnraum freikaufen können (Variante 4). Leider haben wir damit beim bürgerlichen Lager aus CDU, Freie Wähler und FDP keine Mehrheit gefunden. Das bedeutet jetzt: Wenn der besagte Investor aus dem Beispiel oben zwar das Mehr an Baurecht – also das 5. Stockwerk – gerne mitnehmen möchte, aber keine Lust auf Mieter mit einem geringen Einkommen in seinem Haus hat, dann darf er jetzt der Stadt einfach eine vertraglich festgelegte Summe überweisen und kann mit seinem Mehr an Wohnraum machen was er will.
Was darf der Investor noch?
Er darf sich aussuchen, ob er er die Quote für den öffentlich geförderten Wohnraum in diesem schönen neuen Haus in der attraktiven Wohnlage umsetzt, oder ob er dafür lieber eine Immobilie nutzt, die an einem Ort entsteht, an dem er – weil die Wohnlage vielleicht nicht gar so schön ist – von vornherein nicht so hohe Mieten auf dem freien Markt erzielen kann. Er kann auch ein Gebäude aus seinem „Altbestand“ nutzen, also eines, das sich schon länger in seinem Besitz befindet, das schon länger steht und das evtl. nicht den aktuellen Standards entspricht, was wiederum dazu führen würde, dass er auf dem freien Markt für diese Wohnungen von vornherein nicht so hohe Mieten erzielen könnte.
Zweckentfremdungsverbot
Und hier kommt jetzt noch das Zweckentfremdungsverbot ins Spiel, das leider ebenfalls durch die bürgerliche Mehrheit von CDU, Freie Wähler und FDP verhindert wurde: Der Investor hat nun also das Haus mit fünf Stockwerken gebaut. Es ist wirklich sehr schön geworden, viele würden dort gern wohnen, aber nur wenige können es sich leisten. Und der Investor hat auch nicht alle Wohnungen dauerhaft an Menschen vermietet, die dauerhaft und mit gemeldetem Wohnsitz an dieser Adresse leben – aus einer Wohnung wurde eine Anwaltskanzlei in bester Lage, zwei Wohnungen wurden zu Arztpraxen und weitere vier Wohnungen dienen als Ferienwohnungen. Nur die Wohnungen im obersten Stockwerk sind tatsächlich bewohnt. Die Mieter haben einen tollen Blick über Friedrichshafen und den Bodensee und dafür müssen sie auch tief in die Tasche greifen. Das können nicht viele.
Leerstandsmelder und Vermieter-Service-Programm sind ein Paar
Immer wieder kam in der Diskussion der Vorwurf oder die Befürchtung, die SPD wolle mit dem Leerstandsmelder die gegenseitige Bespitzelung der Häfler Bürger befördern. Menschen dazu ermutigen, durch die Stadt zu laufen und zu schauen, bei welchen Häusern sich schon länger kein Rolladen bewegt hat und diese dann schnellstmöglich der Stadt zu melden, damit die gleich mal den überraschten Eigentümer mit der unsachgemäßen Nutzung konfrontieren, die Wohnungssuchenden am besten gleich im Schlepptau. Nein – so war und ist es nicht gedacht.
Aber wir sind schon der Meinung, dass Artikel 14 (2) des Grundgesetzes gilt:
„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
In Zeiten, in denen Wohnraum knapp ist, ist es viel einfacher Wohnungen, die bereits gebaut sind und leer stehen, zu nutzen, als erst welche planen und bauen zu müssen.
Wir wissen aber auch, dass manche Wohnungsbesitzer das Vermieten ihrer Wohnung scheuen, weil sie Sorge haben, mit den Mietern nicht zurecht zu kommen oder ihnen der Aufwand mit Verträgen und Abrechnungen zu viel ist. Deshalb hat die SPD das Vermieter-Service-Programm vorgeschlagen, das in Vorarlberg bereits schon sehr erfolgreich in Anspruch genommen wird und bei dem die Vermieter mit einem Rundum-Sorglos-Paket, von allen Mühen und Sorgen befreit, Wohnraum zur Vermietung freigeben können.
Wenn nun also ein Leerstand bei der Stadt gemeldet worden wäre, hätte die Verwaltung Kontakt zum Eigentümer aufnehmen können um zu hinterfragen, was der Grund für den Leerstand des Wohnraums ist. Hätte sich herausgestellt, dass die oben beschriebenen Bedenken ursächlich für die Nicht-Vermietung sind, hätte die Verwaltung den Vermieter-Service anbieten können und somit evtl. einem Vermieter ein weiteres Einkommen beschert und einen Wohnungssuchenden glücklich gemacht.
Der Leerstandsmelder fand bei keiner anderen Fraktion außer der SPD Rückhalt, der Vermieter-Service wurde dagegen mehrheitlich zur Prüfung angenommen.
Was ist von den sinnvollen SPD-Anträgen und Forderungen übrig geblieben?
30%25% Quote für den geförderten Wohnungsbau3025 Jahre BelegungsbindungkeineGeldzahlungen statt Erfüllung der QuoteEinführung eines Zweckentfremdungsverbots in FriedrichshafenMöglichkeit zur Meldung von eventuellen Leerständen- Fortschreibung des Flächennutzungsplanes (FNP) und städtebaulich sinnvoller Flächentausch
- Vorstellung des Vermietungs-Service-Programms der Vorarlberger gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. Dornbirn (VoGeWoSi)
Meiner Meinung nach hat sich der Gemeinderat mit den Entscheidungen zur Schaffung von Wohnraum in Friedrichshafen einiger wesentlicher Möglichkeiten beraubt, die einen Teil des Großen und Ganzen ausgemacht und sicher ihren Anteil zur Zufriedenheit aller beigetragen hätten. Die Zukunft wird zeigen, wieviele Investoren überhaupt eine öffentliche Förderung in Anspruch nehmen und die Quote damit letztlich zum tragen kommt (keine öffentliche Förderung = keine Verpflichtung zur Quote). Und wir werden sehen, wieviele Investoren lieber eine Geldzahlung an die Stadt leisten – die das Geld nicht so sehr benötigt, wie die bebaubaren Grundstücke, anstatt die Quote in einem ihrer Objekte zu erfüllen. Wir werden erleben, ob die gewünschte Vielfalt in den Wohnquartieren entsteht, ob Mieter mit geringerem Einkommen noch Wohnraum in innerstädtischen oder stadtnahen Lagen finden. Die Entscheidungen sind gefallen.