Heute hat sich – etwas überraschend – das neue Jugendparlament der Stadt Friedrichshafen konstituiert. Nur zufällig wurde der Termin bekannt, als die künftigen Parlamentarier am vergangenen Donnerstag ebenfalls in nichtöffentlicher Runde, anwesenden GemeinderätInnen ihre Ergebnisse des 2. Häfler Jugendforums präsentierten. Als die RätInnen sich daraufhin quasi selbst für Montag zur feierlichen Sitzung einluden kam der Apparat in Gang: Einladungen gingen an daraufhin an alle Gemeinderäte und die Presse. Schade allerdings: Nur wenige StadträtInnen von SPD, Grüne, ÖDP und FDP wohnten mit einem eher ungewohnten, aber deshalb nicht weniger spannenden Blickwinkel von der Zuschauertribüne aus, der Einsetzung ihrer Generationenpartner bei. Was bereits holprig begonnen hatte, fand am heutigen Tag dann auch noch kein Ende: Wer einen würdigen und wertschätzenden Rahmen für die engagierten und hochmotivierten jungen Menschen im Alter von 14 – 19 Jahren aus den unterschiedlichsten Häfler Bildungseinrichtungen erwartet hatte, wurde enttäuscht. Von der Fülle, an Getränken und Snacks die bei Gemeinderatssitzungen stets geboten wird, war heute kein Krümelchen für die Jugendlichen abgefallen. Die Tische waren leer-leer und nur auf einen Hinweis von der Tribüne wurden schnell noch ein paar Gläser und Wasserflaschen auf eine Servierwagen gepackt – immerhin, wir sind spontan. Um dem ganzen dann noch die Krönung zu verpassen, war wohl auch die Sache mit der Eingangstür nicht geregelt, so dass selbige trotz öffentlicher Sitzung dann erstmal geschlossene Gesellschaft signalisierte – ob es letztlich daran lag, dass einige wenige Jugendliche bei der Verpflichtung fehlten, ist noch nicht bekannt. Im Zusammenhang mit diesem, für unsere Verwaltung doch eher unüblichen negativen Gesamtpaket zum Start des Jugendparlaments, muteten dann auch noch manche Sätze der Rathausspitze und Verwaltungsmitarbeiter seltsam an. Sei es die sicher nur unbedachte Bemerkung des OB, dass die Damen und Herren auf den Zuschauerrängen, die Gemeinderäte im richtigen Leben seien ‑eine langwierige Ausführung dazu, dass sich auch die Jugendlichen durchaus im richtigen Leben befinden und einen gesetzlich festgeschriebenen Platz in unserer Stadt und deren Entscheidungsorgan einnehmen, erspare ich mir. Oder die Aussage des Ansprechpartners für Kinder- und Jugendbeteiligung, der bekannte, in den vergangenen anderthalb Jahren noch nicht alle Schulen erreicht zu haben, weswegen auch nicht alle Schulen Vertreter ins Parlament hätten wählen können – sorry, aber Demokratie sieht anders aus. Die Jugendlichen selbst nahmen alles hin, sprachen die Verpflichtungsformel nach, unterschrieben ihre Urkunden und besiegelten ihr Ehrenamt auf Zeit per Handschlag mit dem OB. Dafür, dass eine Jugendparlamentarierin offensichtlich vergessen wurde, entschuldigte sich diese beinahe noch – Bitte, liebe Jugendliche: Der OB hatte in seiner Ansprache auch darum gebeten, dass ihr frech sein, anders sein und uns Erwachsenen einen Spiegel vorhalten sollt! Nehmt ihn beim Wort, verknöchert, verstaubt, angepasst können wir Erwachsenen in der Regel schon selbst ganz gut 😉 Bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass es demnächst besser flutscht, dass die Jugendlichen ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen und sich mit ihren Ansichten, Meinungen und Haltungen deutlich zu Wort melden (und das wenn’s geht auch ohne dass die städtische Pressestelle das ganze vorher auf Herz und Nieren prüft). Die Jugendbeteiligung hat ein Recht darauf zu Handeln und entsprechendes Feedback zu erhalten. Eigenverantwortlichkeit auf der einen Seite und Loslassen* auf der anderen gehören zum Job und nur so gelingt letztendlich eine echte Beteiligung auf Augenhöhe – und genau auf die freue ich mich! *Gut, ein paar Getränke auf dem Tisch, Butterbrezeln und ein paar Schokoriegel wären hübsch, dazu noch offene Türen und voila! – reicht schon. Seit dem 01.12.2015 ist die Jugendpartizipation gesetzlich festgeschrieben.
§ 41a GemO Baden-Württemberg (1) Die Gemeinde soll Kinder und muss Jugendliche bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen. Dafür sind von der Gemeinde geeignete Beteiligungsverfahren zu entwickeln. Insbesondere kann die Gemeinde einen Jugendgemeinderat oder eine andere Jugendvertretung einrichten. Die Mitglieder der Jugendvertretung sind ehrenamtlich tätig. (3) In der Geschäftsordnung ist die Beteiligung von Mitgliedern der Jugendvertretung an den Sitzungen des Gemeinderates in Jugendangelegenheiten zu regeln; insbesondere sind ein Rederecht, ein Anhörungsrecht und ein Antragsrecht vorzusehen.
(4) Der Jugendvertretung sind angemessene finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Über den Umfang entscheidet der Gemeinderat im Rahmen des Haushaltsplanes. Über die Verwendung der Mittel ist ein Nachweis in einfacher Form zu führen.