Als ich in den letzten Tagen zum ersten Mal davon gehört habe, dass aus Gründen des Hochwasserschutzes an der Rotach die wunderschönen alten Bäume auf der Dammkrone gefällt werden sollen, dachte ich auch: „Ja klar, das ist ja mal wieder typisch! Da werden heimlich Pläne gemacht, dann wird die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen gestellt und wie immer werden dann auch noch Bäume sinnlos gefällt, nachdem sie auf einmal alle >krank< sind.“
Mittlerweile weiß ich, dass das so nicht ganz stimmt und ich meine Meinung etwas revidieren muss. Bereits 2010 wurde im Gemeinderat darüber öffentlich beraten, ebenso wie dieses Jahr im Mai. Bis 15. September haben alle Bürger jetzt noch die Möglichkeit Einspruch zu erheben, bzw. Vorschläge und Anregungen einzureichen. Soviel zu heimlich und vollendete Tatsachen.
Ich habe etwas recherchiert und mich ein bisschen eingelesen (Beschlussvorlagen für den Gemeinderat (GR) und den Technischen Ausschuss (TA) vom März 2010 und vom April 2014).
Vorlagen lesen ist die eine Sache, jetzt wollte ich aber auch mal selber gucken gehen.
Von der Rotachbrücke nördlich der Stadtwerke am See spazierte ich entlang der Rotach, Trautenmühle, Flugplatzstraße, über den wunderschönen Rotachdamm von der Brücke an der Ravensburgerstraße bis zur Mündung.
Kein Neuland für mich, seit ich selbst Kind war schätze und liebe ich diesen verzauberten und bezaubernden Flußweg mit dem Auwäldchen und oft führen unsere Spaziergänge uns dort entlang. Sogar mein täglicher Weg mit dem Rad zur Arbeit führt mich weite Teile an der Rotach entlang bis zum Schulzentrum Schreienesch, wo ich wiederum versuche den Kindern dort die Augen und Herzen für dieses kleine Stückchen Paradies zu öffnen.
Der Zeitpunkt schien mir günstig, nach tagelangen, immer wieder auch sehr heftigen Regenfällen und einem Seepegel von 4,50 m, müsste sich dieses Mehr an Wasser wohl auch im Wasserstand der Rotach bemerkbar machen, dachte ich. Falsch gedacht. Bis zur Unterführung Ravensburgerstraße, die begehbar war, zeigte sich die Rotach von ihrer zahmen Seite. Die Unterführung an der Steinbeißstraße war noch verschlammt, aber ohne Wasser, wohingegen sich dann in der Unterführung Lindauer Straße schwimmend eine Entenfamilie tummelte.
Also gut, ein erhöhter Wasserstand im unteren Bereich vor der Mündung ja, aber verursacht durch den Rückstau des hohen Seepegels.
Meine Fragen: Wieviel Wasser muss da in welcher Zeit den Bach herunterkommen, damit wir ein Jahrhunderthochwasser haben? Wie wird so was berechnet? Wer hat berechnet? Wurde die Dammfestigkeit mittlerweile überprüft und wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Antworten fand ich auf die Fragen 1 und 2 in der Vorlage von 2010:
„Mit dem Kooperationsvorhaben KLIWA haben sich die Länder Baden-Württemberg und Bayern zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst das Ziel gesetzt, mögliche Auswir- kungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt süddeutscher Flussgebiete herauszu- arbeiten, Konsequenzen aufzuzeigen und Handlungsempfehlungen abzuleiten. Zunächst lieferte die Analyse und Bewertung von meteorologischen und hydrologischen Daten des 20. Jahrhunderts die Grundlage für die Abschätzung bereits eingetretener Klimaänderungen. Die Entwicklung neuartiger regionaler Klimaszenarien erlaubte erstmals in Deutschland Aussagen über regionale Klimafolgen. Die Übertragung dieser Ergebnisse auf die in den Ländern vorhandenen Wasserhaushaltsmodelle machen so insbesondere Aussagen über die Entwicklung des Hochwassergeschehens in den nächsten 50 Jahren möglich.
Die Länder Baden-Württemberg und Bayern haben damit bundesweit als erste den Klima- änderungsfaktor bei der Bemessung von technischen Hochwasserschutzeinrichtungen eingeführt. So kann bereits bei der Planung die prognostizierte Erhöhung von Hochwasserabflüssen berücksichtigt werden.“
Das Fazit daraus: Es wird wärmer, vor allem im Winter. Die Sommer werden etwas trockener, die Winter dagegen wesentlich feuchter. Die Westwetterlagen, die höhere Niederschläge bringen können, werden zunehmen.
Daraus ist abzusehen, dass die Hochwassergefahr im Winterhalbjahr steigt. Vor allem die mittleren Hochwasser werden zunehmen, da sich in den zukünftig milderen Win- tern die Schneedecke mehrfach auf- und abbauen kann.
Auf meine dritte Frage fand ich bislang keine Antwort, weil die entsprechende Vorlage von 2012 leider nicht online zu finden ist. Ich werde sehen, wer mir weiterhelfen kann und bleibe dran!