Auweia! Erst quatscht sie ungefähr 10 Minuten zum Tagesordungspunkt 7, um dann wenige Stunden später die Länge der Sitzung zu monieren. Na sowas, dachte sich am Montagabend wohl ein Spießgeselle auf der Tribüne im Ratssaal und kritisiert nun seinerseits diese Doppelmoral
Schwäbische Zeitung, Aufgespießt, 1. August 2015
Kaum erträglich für die Gemeinderäte, unzumutbar für die Öffentlichkeit: Diese Kritik der SPD-Frau Christine Heimpel musste sich Oberbürgermeister Andreas Brand am späten Montagabend gefallen lassen, nachdem sich der Gemeinderat durch eine knapp achtstündige Sitzung mit mehr als 30 Tagesordnungspunkten durchgekämpft hatte. An dieser Stelle sei allerdings nicht verschwiegen, dass auch Christine Heimpel nicht gerade zur Beschleunigung beigetragen hatte. Dank konstruktiver Vorberatungen war zum Thema „Workshop Allmannsweiler“ eigentlich schon alles gesagt – aber halt noch nicht von jedem. Während alle anderen einfach nur abstimmen wollten, bestand die SPD-Rätin darauf, ihre vorbereitete Fraktionserklärung vorzutragen.
„Wisu denn bluß? Wisu tut sie su?“
(würden jetzt wohl die Rumpelwichte bei Astrid Lindgren fragen)
„Weil ich nach einem Jahr auch mal was sagen wollte.“ – ach nee, das war’s nicht.
„Weil ich schon immer mal die Ehre haben wollte, Samstags von den Spießgesellen gepickst zu werden.“ – joahhh, schon eher (aber so leicht kriegt man die doch nicht? Manipulation der Spießgesellen durch Halten unnötiger Fraktionserklärungen? Ausgeschlossen!)
„Weil ich meiner Endkritik am zeitlichen Umfang der Sitzung noch mal richtig Futter geben wollte.“ – ach nö, lang war’s eh, 10 Minuten hin- oder her machen da den Kohl nicht fett. Also auch nein.
„Weil ich mit meinen Fraktionskollegen eine Wette über die Länge der Gemeinderatssitzung laufen hatte.“ Stimmt zwar, aber ich hätte eine Punktlandung gehabt, wenn ich vorher die Klappe gehalten hätte. Also leider auch nein. (Heinz Tautkus und Peter Mohr hatten auf 22:30 Uhr gesetzt, ich auf 22:45 Uhr und letztendlich waren wir um 22:50 Uhr fertig, leider hatten wir nicht über den Wetteinsatz gesprochen …)
„Weil ich für gute Laune, Heiterkeit und Verwirrung sorgen wollte, indem ich an ein und dem selben verregneten Samstag mehrfach widersprüchliche Statements in den beiden Zeitungen (Schwäbische Zeitung und Südkurier) von mir gebe.“ Nee, das war so leider gar nicht planbar und unterlag also dem Zufallsprinzip, also auch nicht.
„Weil ich jetzt schon öfters auf vorbereiteten Fraktionserklärungen sitzengeblieben bin und ich solch eine ineffektive Arbeitsweise einfach gar nicht leiden kann. Da stecken, Zeit, Energie, Hintergrundwissen, Recherchen drin, das muss dann auch mal raus.“ Ist leider nicht ganz unwahr, aber so ist das Geschäft, da muss man durch, also nein.
Ja, also, warum denn dann?
Weil ich es nicht einsehen mag, dass wir geschlagene vier Stunden in nichtöffentlicher und öffentlicher Sitzung über ein Rettungspaket für die ZU reden, bei dem mal eben 4 Mio Euro locker gemacht werden und im Anschluss alles andere nur noch unkommentiert durchwinken.
Wertschätzung geleisteter Arbeit
Die Bewohner der Eintrachtstraße in Allmannsweiler und mit ihnen alle, die sich für ein konstruktives Vorgehen bei den Vorbereitungen zum jetzt abgestimmten Workshop-Verfahren eingesetzt haben – Bewohner, Bürgerforum Allmannsweiler, Sozialarbeit, Kirchen, ASF und Mitarbeiter der städtischen Verwaltung – alle haben sehr viel Zeit und Engagement in den vorangegangenen Prozeß gesteckt, so dass die Grundlagen für alles weitere mehr als gut sind. Das fand ich im Gesamtgremium des Gemeinderats durchaus nochmals erwähnenswert, auch zu so später Stunde und mit noch weiteren 14 TOP’s im Nacken.
Kritik an der völlig überfüllten Tagesordnung
Meine spätere Kritik an der völlig überfüllten Tagesordnung hat darum auch genau damit zu tun:
Wir reden dauernd über Transparenz, Bürgerinformation, Mitgestaltung, Teilhabe und werden zurecht und gerade auch von den Medien immer wieder darauf hingewiesen, wenn wir diesen guten Grundsätzen der Demokratie nicht entsprechen. Deshalb muss meiner Meinung nach eine Tagesordnung so gestaltet sein, dass sie es ermöglicht, sich zu den unterschiedlichen Punkten auszutauschen oder Haltungen und Einstellungen deutlich zu machen.
Viele von uns Räten sind berufstätig und haben, wenn sie nachmittags um 15 Uhr in den Ratssaal kommen, schon einen Arbeitstag hinter sich. Die Aufnahme- und Konzentrationsfähigkeit ist sicherlich bei allen 40 Mandatsträgern unterschiedlich ausgeprägt, aber dass diese bei der Mehrheit bei einem Sitzungsmarathon von acht Stunden mit 21 + 3 TOP’s und ohne nennenswerte Pause bis zum Ende 100% beträgt, wage ich dann doch zu bezweifeln.
Und, sorry Zeitung, Öffentlichkeit sind natürlich auch die Medien, aber nicht ausschließlich. Öffentlichkeit bedeutet ja auch, dass Bürger und Einwohner einer Sitzung beiwohnen und sich selbst ein Bild dessen machen, was da besprochen, beraten und diskutiert wird. Ich finde, es grenzt schon nahe an einen Ausschluss dieser Öffentlichkeit, wenn Sitzungspunkte an einem Werktag mitten in der Nacht zur Abstimmung kommen.
O menno, schon wieder 10 Minuten geraubt – könnte noch öfters vorkommen, t’schuldi, Besserung nicht in Sicht … schönes Kulturufer-Wochenende noch, die Sonne kommt, ganz sicher!