Zweiter Tag
Pünktlich um neun wurden alle Delegierten in den Saal gerufen, um bereits fünf Minuten später den ersten Leitantrag des Tages zu hören „Wir setzen auf die Jugend – SPD Baden-Württemberg“. Ein Antrag der Jusos, vorgestellt vom Landesvorsitzenden der Jusos, Leon Hahn.
Moment mal. Ein Antrag der Jusos morgens um neun? Geht gar nicht! So sah es dann auch der Landesvorsitzende und kommentierte: „Einen Antrag der Jusos morgens um neun aufzurufen ist so, wie wenn ein Antrag der AG 60+ Nachts um halb eins beraten wird.“
Im weiteren wurden Anträge aus den Themenbereichen Arbeit / Flüchtlinge und Zuwanderung / Gesundheit beraten. Die Vorschläge waren nicht immer unstrittig und oft wurde in vielen Redebeiträgen hart gerungen. Nicht immer gab es einen Konsens, so z.B. beim Antrag zur Impfpflicht und bei der Verschärfung des Nichtraucherschutzes. Beide Anträge wurden nach der Debatte mehrheitlich angenommen. Auch das Prinzip der sicheren Herkunftsländer abzuschaffen stand zur Diskussion – was bedeutet sicher? Kann die Definition je nach Lage missbräuchlich verwendet werden? Ich habe für diesen Antrag votiert, die Mehrheit der Delegierten sah es anders und lehnten ihn ab.
Unterbrochen wurden die Antragsberatungen durch die Wahlen der Beisitzer für den Landesvorstand, die Wahl der Bundesdelegierten und die Delegierten für den Parteikonvent, den Auftritt von Sigmar Gabriel, der in seiner Rede die Positionen der SPD in der Flüchtlingsdebatte klar machte. (Sigmars Rede, hier vom Perspektivenkongress in Mainz, 11.10.2015) und der Ehrung eines Parteimitgliedes aus Weingarten, der seit 70 Jahren der SPD die Treue hält und die Partei auch immer mitgestaltet und somit auch mitgeprägt hat.
Ich dachte ja schon, dass meine eigene 30jährige Parteimitgliedschaft sehr gewichtig daherkommt, aber angesichts der 70 Jahre seit 1945 mit den vielen Momenten, die in die Zeitgeschichte eingegangen sind, schauen 30 Jahre noch sehr jugendlich aus ;).
Die Rückfahrt nach Friedrichshafen
Mit dem Zug ging es dann auch zurück nach Friedrichshafen. Das erste Stück des Weges bis Stuttgart fuhren wir sehr komfortabel mit dem ICE. Angenehm schnell und leise. Ab Stuttgart hieß es dann umsteigen in den IRE, was wir auch gleich taten, der Zug stand nämlich erfreulicherweise schon eine halbe Stunde vor Abfahrt für uns parat.
Auf Anraten zweier mit uns reisender Delegierten stiegen wir also sofort ein, breiteten uns angemessen aus und machten es uns schon mal gemütlich. Bis dann ein Bahnmitarbeiter kam und meinte: „Alle, die mit auf’s Abstellgleis fahren möchten bleiben sitzen, die Reisenden Richtung Ulm steigen jetzt besser aus.“
Der Bahnsteig füllte sich mittlerweile mit Trachten-Uniformierten Wasenbesuchern, die „Alkohol“ kaum noch buchstabieren, dafür sehr gut ausdünsten konnten. So war die Fahrt bis Friedrichshafen dann geprägt durch im Wagon schwebende Alkoholschwaden und dem ungewollten Mithören von Wasen-Erlebnissen und sonstigen Lebensgeschichten von tragisch bis komisch.
22:30 Uhr, Ankunft in Friedrichshafen Stadtbahnhof.
Wir packten all unser Hab und Gut zusammen, das sich in Mannheim doch auch etwas vermehrt hatte. Nur ein Koffer entschloss sich zur alleinigen Weiterfahrt ins Depot, was sein Besitzer durch schnelles Bemerken und einen anschließenden Kurzstreckensprint gerade noch verhindern konnte. Parkticket bezahlt, Beleg vergessen, Heimfahrt.
Zwei Tage mittendrin und dabei, mitgestaltet, mitgesprochen, Politik nicht nur gehört sondern gemacht und gelebt. Ein gutes Gefühl. Sollte eigentlich jede und jeder Mal haben. Im Januar ist der nächste LPT. Gäste sind willkommen!
Politik ist die „Gesamtheit aller Aktivitäten zur Vorbereitung und Herstellung gesamtgesellschaftlich verbindlicher und/oder am Gemeinwohl orientierter und der ganzen Gesellschaft zugute kommender Entscheidungen.“ Thomas Meyer