Vom Südkurier wurde ich zu meiner Haltung zur GroKo befragt. Hier meine Antworten:
Wie stehen Sie zur möglichen Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union?
Ich bin gegen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union weil ich – und hier muss ich den Sprechern von CSU und CDU ausnahmsweise mal Recht geben – nicht sehe, dass weitere Verhandlungen die in meinen Augen unzureichenden Ergebnisse der Sondierungen verbessern würden. Die Parteien haben sondiert, man hat sich auf den größtmöglichen gemeinsamen Nenner geeinigt und der ist mir definitiv zu wenig sozialdemokratisch und zu wenig visionär. Mein Anspruch an eine Regierungsbeteiligung der SPD ist sehr viel höher als dass es dann nur langsamer schlimmer wird.
Was spricht dafür/dagegen?
Teilweise habe ich die Antwort oben ja schon vorweg genommen. Als einzigen Grund, der dafür spricht, doch in die Verhandlungen zu gehen, sehe ich, dass man der SPD dann nicht vorwerfen kann, sie hätte nicht alles versucht um eine stabile Regierung zu ermöglichen. Wenn man die Zeit hat, kann man diesen Weg gehen. Am Ende entscheiden die Mitglieder und falls diese dann erst nach weiteren Wochen des Verhandelns mehrheitlich mit „Nein“ stimmen, haben wir Zeit verschenkt und sind keinen Schritt weiter als heute.
Welche Punkte sind Ihnen in den Sondierungen zu kurz gekommen?
Zunächst mal die, die gar nicht drinstehen: Bürgerversicherung und Änderungen im Steuerrecht. Hier werden meiner Ansicht nach auch keine weiteren Verhandlungen die Union zur Einsicht bewegen. Beim Thema Arbeit fehlt der ganze Teil „Zukunft der Arbeit“. Es ist von Vollbeschäftigung der Rede, jedoch wird mit keinem Wort das Fortschreiten der Digitalisierung und der „Roboterisierung“ (Künstliche Intelligenz) erwähnt. Bei den Themen Familie, Pflege und Rente geht das Signal in die richtige Richtung, allerdings werden die formulierten Konsequenzen kaum die nächsten vier Jahre überstehen und uns dann vor noch größere und weitreichendere Probleme stellen.
Was müsste möglicherweise nachverhandelt werden?
Ich glaube nicht an Nachverhandlungen. Wenn sie doch kämen, gäbe es ziemlich vieles nachzubessern, unter anderem stünden neben den vorgenannten Punkten die Obergrenze zur Zuwanderung mit den genannten Einschränkungen an vorderster Stelle gemeinsam mit dem Satz auf Seite 28 des Sondierungspapiers: „Im Bundestag und in allem von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.“ – dies entspricht nicht meinem demokratischen Verständnis. Wer seitens der SPD diesen Passus unterschreibt, ist kaum noch mehr als ein Mehrheitenbeschaffer für die Politik der Unionsparteien.
Welche Stimmung machen Sie derzeit in der Kreis-SPD aus?
Ich nehme wahr, dass die Mitglieder im Kreis durchaus gespalten sind. Es gibt die Gegner einer großen Koalition ebenso wie deren Befürworter. Beide Seiten haben ihre guten Gründe für ihre Positionen. Viele, mit denen ich gesprochen habe sind für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen und haben dabei auch ganz klar geäußert, dass sie, sollten sich dabei keine wesentlichen Verbesserungen im Vergleich zum Sondierungspapier ergeben, bei der Mitgliederbefragung einer GroKo nicht zustimmen werden. Die Abstimmung, die der Kreisvorstand für sich vorgenommen hat sehe ich als nicht repräsentativ für die Stimmung bei den Kreismitgliedern. In anderen Regionen Deutschlands wurden die Mitglieder der Kreisverbände per Mail um ihr Votum gebeten, diese Möglichkeit wurde im Bodenseekreis leider nicht genutzt. Deshalb kann beim fast einstimmigen Abstimmungsergebnis der Kreisvorstands auch nur von der persönlichen Meinung der anwesenden Vorstände gesprochen werden.
Sollte die Basis sich gegen eine GroKo aussprechen: Wie stehen Sie zu Neuwahlen und was für ein Ergebnis erwarten Sie dabei für die SPD?
Ich glaube, dass sich kaum jemand über Neuwahlen freuen würde, so auch ich nicht. Ich bin der Meinung, dass eine Minderheitsregierung durchaus möglich ist und unserer Demokratie und den wichtigen Themen durchaus gut tun würde. Das Ergebnis für die SPD? Wir würden vielleicht bei sofortigen Neuwahlen genauso schlecht oder noch schlechter abschneiden als bei der letzten Wahl. Nach vier Jahren GroKo, da bin ich mir sicher, werden wir schlechter abschneiden als 2017. Und für mich gilt hier ganz klar der Satz von Willy Brandt: „Es hat keinen Sinn, eine Mehrheit für die Sozialdemokraten zu erringen, wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein.“