Bildungspolitische Experten findet man zahlreich, nahezu jede und jeder, der einmal zur Schule gegangen ist, empfindet sich als solcher. Nun hat auch die Junge Union (JU) das Thema wahlkämpferisch für sich entdeckt und verbeißt sich in die nicht mehr vorhandene verbindliche Grundschulempfehlung.
„Wir wollen die Leistung der Kinder in den Mittelpunkt stellen“
JU Landeschef Nikolas Löbe
Leistung meint hier den Notendurchschnitt aus den Fächern Deutsch und Mathematik (je zu 40%) und HuS (20%). Dass Noten unter den echten Experten mittlerweile sehr umstritten sind da sie
- stark lehrerabhängig sind (Methodik, Didaktik, Vermittlungsfähigkeit, Stoffauswahl, Sympathie, …)
- schon dem Vergleich mit einer Parallelklasse nicht standhalten können
- nur in sehr begrenztem Maß den tatsächlichen Wissens- und Verständnisstand wiedergeben können
- zwar eine Qualifikation (zum Zeitpunkt X habe ich bewiesen dass ich die geforderten Lerninhalte abrufen und in gewünschter Weise wiedergeben konnte) belegen, jedoch keine Kompetenz (ich habe das Gelernte soweit verinnerlicht, dass ich es wiedergeben, anwenden, in andere Bereiche transportieren und zukünftige, neue Sachverhalte daran anknüpfen kann) nachweisen.
Schönes Beispiel (real): Unterhalten sich zwei Abiturienten kurz nach den Prüfungen. „Ich geh jetzt erst mal nach Spanien.“ – „Ah, cool, ja du hattest ja Spanisch, praktisch, da klappts ja mit der Verständigung.“ – „Ey, das gibt noch ein Problem, ich weiß nicht mal mehr was >Guten Tag< heisst!“
Die Grün-Rote Regierung hat deshalb beschlossen, das Kind als Ganzes, als Person mit vielen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die es zu entdecken, zu fördern und fordern gilt und nicht den kleinen Teil „Leistung“ in den Mittelpunkt der Bildungspolitik gestellt. Ein Kind ist mehr als die Wissensansammlung in Mathe, Deutsch und HuS. Je eher das in allen Schulformen ankommt, desto besser – für die Kinder und für unsere Gesellschaft.
Entlarvend für die wahren Beweggründe der Herren Bürkle und Löbel ist dann das Zitat am Ende des Artikels:
Wir müssen 2016 eine klare Alternative bieten zur Landesregierung. Da sind wir gut beraten, wenn wir auch in der Bildungspolitik klare Kante zeigen würden.
Wahlkampf auf dem Rücken von 6 bis 10 Jährigen aus dem einzigen Grund, dass Dagegen-sein immer weit einfacher ist als konstruktiv zu gestalten.
Offensichtlich gibt es keine wesentlicheren Mißstände in der Bildungspolitik der jetzigen Landesregierung als jenen, der die Eltern und den Elternwillen stärkt. Übrigens ein gerade aus konservativen Kreisen immer wieder geforderter Umstand, den man zur Zeit täglich anhand der Flut von Leserbriefen zum Thema „Betreuungsgeld“ und auch an den Protesten zum neuen Bildungsplan belegen kann.